Wochenbett und erstes Lebensjahr

Das Kind wird in eine andere, ihm fremde Welt geboren. Ich vergleiche ein neugeborenes Baby gerne mit dem kleinen Prinzen, der eine lange, erschöpfende und weite Reise hinter sich hat. Das Baby landet auf einem anderen, ihm fremden Planeten: Unsere Welt ist für das Baby sehr hell, sehr laut, sehr kalt und es ist hungrig.

Mögen wir das Ankommen in einer warmen, abgedunkelten und liebevollen Atmosphäre gestalten.

Mit der Geburt kommt nicht nur das Baby auf die Welt, sondern es werden auch die Frau zur Mutter und der Mann zum Vater geboren.

Dies ist wahrhaftig ein bedeutender Prozess. Es ist wichtig, allen die Zeit einzuräumen, die sie brauchen, um in die neuen Rollen und Aufgaben hineinzuwachsen.

Die ersten Tage nach der Geburt sollte eine Zeit der Abgeschiedenheit und der Ruhe sein: Mutter und Kind haben eine lange ermüdende Reise hinter sich. Beide brauchen sie jetzt Ruhe und Intimität in einer Umgebung, in der sie den Rest der Welt vergessen, sich entspannen und einander genießen können.

Vor 100 Jahren haben sich die jungen Mütter acht Wochen lang nur um sich und ihr Baby gekümmert und wurden versorgt. Diese Wochenbettkultur haben wir leider verloren. Heute soll das Leben schon nach zehn Tagen wieder normal weiter gehen. Ich bedauere das sehr.

Von anderen Kulturen können wir diesbezüglich viel lernen. Als Hebamme habe ich eine junge Mutter aus Somalia begleitet, deren Mutter nach der Geburt für drei Monate nach Deutschland eingeflogen ist um ihre Tochter mit allem, was sie brauchte, versorgt hat.

In Schweden z.B. erhalten die Mütter und Väter nach der Geburt acht Monate Urlaub um bei ihrem Kind zu sein.

Unsere Gesellschaft neigt dazu, sich mehr um das Wohl der Schwangeren als um die Gesundheit der frischgebackenen Mutter zu kümmern. Dabei können die ersten Wochen nach der Geburt verheerende physische und psychische Folgen haben, wenn der Körper (und auch die Seele) sich nicht erholen können.

Folgende Probleme können nach der Geburt auftreten:

  • Die Wochenbettdepression
  • Angst, keine gute Mutter sein zu können bzw. als Mutter zu versagen
  • Beziehungs- bzw. Paarprobleme
  • Bindungsprobleme zwischen Mutter und Kind, was sich z.B. in Stillproblem und Schreibabys äußert

In diesen Fällen ist eine frühzeitige therapeutische Begleitung sehr hilfreich.

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